ERÖFFNUNG der AUSSTELLUNG 10.03.2018

Auszug aus der Ansprache von Dr.Frank Maier-Solgk zu den Landschaftsbildern von Yvonne Schweidtmann

 

Zitat: "Die Pointe ihrer Landschaften scheint mir doch eher im Bereich der formalen Eigengesetzlichkeiten der Malerei zu liegen. Eigengesetzlichkeit‘ – damit ist  die permanente Verführung der Malerei zum, ja die nahezu Unvermeidlichkeit des Illusionismus gemeint.

Wir sehen Landschaft, sobald wir einen Strich auf der Leinwand als Horizont wahrnehmen.

Wir sehen Wasser, wenn eine Farbfläche in Hell-Dunkel-Abstufung zu einer benachbarten Flächen bestimmte dynamische Spuren annimmt; wir sehen Wolken, Gewitter, Buchten, Inseln, Wälder, Berge oder Hügel, wenn Farben gewisse Konturen erhalten.

Wir sind so gepolt. Und so sind diese Landschaften als Kompositionen zu verstehen, die mit unserer Wahrnehmung spielen.

Wie anders sollte man es verstehen, wenn eine fast klassisch anmutende Meeres Szenerie mit einem schmalen schrägen roten Strich den Illusionismus unserer Vorstellung zu brechen unternimmt. "

Einführung Dr.Frank Maier-Solgk Ausstellung Malerei Yvonne Schweidtmann Galerie ARTraum Thielemann 07.05.2017

Dr. Frank Maier-Solgk Zitate aus seiner Ansprache

"Das lineare Sehen sei objektiv gestimmt, schreibt Wölfflin, es hält sich an die feste Kontur der Dinge und gibt dem Betrachter damit auch ein gewisses Maß an Orientierung und Sicherheit in der Wahrnehmung; im Malerischen hingegen lösen sich die festen Verhältnisse auf, scheinbar unzusammenhängende Flecken treten nebeneinander, die Darstellung orientiert sich mehr am Schein der Dinge, Dynamik tritt an die Stelle von Statik. 

 

wichtig scheint mir, dass sich in diesem Malerischen für viele, für die meisten Menschen  vermutlich, die Anziehungskraft von Malerei ganz generell begründet liegt: Das Malerische ist insofern auch keine historische Kategorie, die sagen wir auf  Porträts von Franz Hals zutreffen würde oder mit der wir zum Beispiel Landschaften von Turner oder die Aquarelle von Emil Nolde beschreiben könnten. Das Malerische ist eine konstante und erstaunlich frische Kategorie der Malerei, es ist ein Gravitationspunkt dieses alten Berufs, von dem es heißt,  es handele sich bei ihm um das zweitälteste Gewerbe der Welt. 

Nun, keine Frage, dem Malerischen in einem zugleich klassisch und traditionellen Sinn begegnen wir in fast allen Arbeiten von Yvonne Schweidtmann, - warum klassisch und traditionell  ? Weil es das Malerische schon immer auszeichnete, Inneres und Äußeres, Unsichtbares und Sichtbares, Eindrücke einerseits und Stimmungen und Emotionen andererseits aufeinander zu beziehen, das eine im anderen auf einem Stück Leinwand spiegeln zu lassen.

Die Malerei, genauer das Malerische, bildet  das Zentrum ihrer Arbeit, und es scheint mir,  dass die Räumlichkeiten hier in einem Privathaus die  Arbeiten besonders gut zur Geltung bringen; wie immer, so übt auch hier der räumliche Rahmen einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Wahrnehmung der Arbeiten aus – in diesem Fall besteht der Reiz zum einen  aus dem Kontrast zwischen der vertrauten Ordnung eines be- bzw. gelebten Ortes und dem ja doch immer Fremdartigen der Kunst; ein anderer Aspekt besonders in diesem Raum, in dem wir stehen, wäre der Dialog zwischen den fern wirkenden Landschaften und der fast wild anmutenden Natur draußen vor dem Fenster. Es geht um jenes angesprochene Malerische, um das Verhältnis von  Hell-Dunkel, von Licht und Schatten, um die  Verteilung der Farben, um Kompositorisches also, auch um das  Verhältnis von bemalter und nur grundierter aber nicht bemalter Fläche; und dann geht es -  darum, dieser erfundenen mehr oder weniger gegenständlichen Welt ein jeweiliges spezifisches emotionales Spektrum zu unterlegen.  

Immer geht es ihr um emotionale Wirkungen, die sich aus  Komposition und Malweise ergeben, wobei die Gefühle selten ganz eindeutig zu bestimmen sind. Und das ist ja durchaus realistisch in dem Sinne, in dem auch selten ein Gefühl im Menschen Ausschließlichkeit beansprucht; es gibt eben nicht nur Heiterkeit oder Melancholie, Trauer oder Hoffnung, Angst oder Mut, die Seiten des Seelenlebens liegen ja immer ganz dicht nebeneinander, changieren, gehen unmerklich ineinander über; wollte man sie festhalten, scheiterte man.  

 

„Ich habe die Definition des Schönen gefunden“, hat der französische Dichter Beaudelaire einmal geschrieben:, nämlich, “Etwas, das  zugleich voller Trauer und voll verhaltener Glut ist, etwas Schwebend-Ungenaues, der der Vermutung Spielraum lässt“; und dann erläuterte er beispielhaft dies am  - Zitat - „interessantesten Gegenstand, den die menschliche Gesellschaft bietet“, an einem Frauenantlitz. „Ein schönes verführerisches Haupt , will sagen, das Haupt einer Frau, ist ein Haupt, das gleichzeitig – auf eine eigentümlich vermischte Art – Träume von Wollust und Trauer erregt; Vorstellungen von Melancholie, Mattigkeit, ja Übersättigung weckt – oder auch entgegengesetzte Vorstellungen von inbrünstiger Lebensgier, untermischt mit Fluten der Bitternis“ – „Lebensgier, untermischt mir Fluten der Bitternis“.

 

 

AMOUR FOU 2016

 

Düsseldorf: Kunst im Hafen e.V. | Heftig, leidenschaftlich, verrückt – „Amour Fou“ heißt die Ausstellung, die vom 29. Oktober bis 6. November 2016 im Atelierhaus KUNST im HAFEN e.V. in Reisholz zu sehen ist.


Die von der Düsseldorfer Künstlerin Yvonne Schweidtmann ausgerichtete und durch das Kulturamt Düsseldorf geförderte Ausstellung zeigt 6 zeitgenössische Positionen, die sich mit der leidenschaftlichen Liebe befassen, die in ihrer Obsessivität nicht nur gesellschaftliche und sexuelle Tabus überschreitet, sondern auch soziale Grenzen. Gerade durch das Scheitern des ‚furor amoris‘ bleibt die ‚amour fou‘ absolut und wird nicht durch die Kompromisse des Alltags „entweiht“, da sie doch fast immer tragisch endet und unerfüllbar bleibt.


„Amour Fou“ zeigt neben Malerei von Yvonne Schweidtmann, die in ihren Bildern existenzielle Fragen aufgreift und den Menschen an sich sowie seine Beziehungsmuster in ihren künstlerischen Focus rückt, eine Computeranimation von Norbert Kraus, Fotografie von Reiner Kaltenbach, Objekte von Jyrg Munter, eine Klang-Komposition von Michael Rüsenberg sowie Skulpturen in Edelmetall von Anina Caracas.

Begleitet wird die Ausstellung von einem umfangreichen Programm und Künstlergesprächen.

Zur Eröffnung am 29.Oktober 2016, um 20 Uhr (Einlass ab 18 Uhr) spricht der Kunsthistoriker und Leiter des Kunstvereins Wuppertal Erik Schönberg Im Anschluss sorgt Mayo Velvo, der grandiose Chansonier für den musikalischen Höhepunkt. Am Klavier begleitet wird er von Aleksandar Filic.

 

www.2amourfou.jimdo.com 

KRIEGSSONATEN Crossover Projekt

Jackson Carroll/Helge Freiberg/AleksandarFilic/Paul Calderone/ Bogdan Nicula/Yvonne Schweidtmann /Foto Rainer Kaltenbach
Jackson Carroll/Helge Freiberg/AleksandarFilic/Paul Calderone/ Bogdan Nicula/Yvonne Schweidtmann /Foto Rainer Kaltenbach


EIN FASZINIERENDES GESAMTKUNSTWERK

Diese Choreographie war schon aufgrund ihrer Länge ein „Großprojekt”: über eine Stunde hat Bogdan Nicula mit Bewegungsabläufen gefüllt, die zusätzlich einen besonders hohen Schwierigkeitsgrad hatten, weil die Basis gebende Musik nicht in unterschiedlichen Sätzen motivisch und atmosphärisch gegliedert war, sondern die einzelnen Kriegssonaten von Prokofjew vergleichsweise fragmentarisch und unzusammenhängend ihren jeweils eigenen Charakter tragen. Schon der Komponist, Prokofjew selbst, hat, so der Eindruck, die Frage wie Krieg musikalisch darstellbar sein könnte, nicht wirklich beantwortet. Umso schwieriger dieselbe Frage für die Choreographie.


Und dennoch hatte sie einen erkennbaren Zusammenhang: sicher kann insgesamt von einer Choreographie der Unruhe, ja auch der Plötzlichkeit gesprochen werden. Jäh von einem Moment zum anderen ließ Nicula seine drei Tänzer wiederholt rasend schnell von einem Ende des Saales zum anderen laufen. Auch Bewegungselemente des Fallens, des wie tot Daliegens, des Stürzens und des Stützens und Gestütztwerdens wiederholten sich leitmotivisch. Besonders aber fiel eine Enge und körperliche Nähe auf, in der die Körper sich ineinander verhakten, verknoteten, ja geradezu miteinander rangen: Ver- und Umwicklungen, Ein- und Auswicklungen ganz eigener Art. Als hätte sie ein janusköpfiger Gott zugleich mit dem Bann der Erotik und mit dem Fluch des Kampfes zusammengeschmolzen, um- und verschlungene Bewegungen, von denen ununterscheidbar war, ob sie dem erotischen Liebesspiel oder der vernichtenden Kampfeslogik entsprangen. Diese augenscheinliche Ähnlichkeit zwischen Liebesspiel und Kampfeslogik ist eine Idee, die nicht nur die Musik an Erkenntnis übertraf, sondern auch überaus denkwürdig und bedenkenswert ist.


Auch wenn sie mit der tatsächlichen Geschichte der Körper schon im Ersten Weltkrieg und umso weniger noch im Zweiten zu tun hat – denn in beiden Weltkriegen war der menschliche, besonders der männliche Körper entweder Maschinengewehrfutter oder umgekehrt automatisierte Kampfmaschine, in beiden Fällen aber verdinglichtes anonymisiertes Objekt – gibt diese Idee sozusagen auf tiefer gelegter Ebene zu denken: gibt es tatsächlich eine Verbindung zwischen der Lust der erotischen Bewegung und der Qual der Kampfeslogik? Ist, erweitert gesprochen, die Nähe von Eros und Thanatos Wirklichkeit oder nur eine Augentäuschung? Und wenn sie wirklich ist, woher sollte sie bloß kommen? worin ihren Ursprung haben? Sind doch in Wahrheit mit dem Lust und Leben gebenden Eros und dem Verderben und Tod bringenden Kampf geradezu zwei entgegen gesetzte Pole menschlicher Existenz bezeichnet.  


Zweifellos ist es eine Erkenntnisleistung für sich, dass die Choreographie von Bogdan Nicula all diese Fragen aufruft. Sie wäre aber zu leicht gewogen, wäre das schon alles. Ja, diese Choreographie trifft eine Entscheidung, die nicht minder bedenkenswert ist: die Entscheidung für eine Täuschung und damit eine Entscheidung für den Unterschied, für den Unterschied zwischen Eros und Thanatos: indem sich die Körper immer wieder gegenseitig auffangen, stützen und Halt geben, formuliert sie ein klares Plädoyer: das Plädoyer gegen den todbringenden Kampf und für die sorgende, die liebende Begegnung. Eine deutliche und eine schöne, tröstende Entscheidung zugleich angesichts der „Kriegssonaten“.   

Dr.Frauke Tomczak, Düsseldorf, 17.01.2015